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Karl-Heinz Teichmann

Karl-Heinz Teichmann wird nur 59 Jahre alt. Gleich mehrfach wird er in der Nacht zum 23. August 2008 vom Neonazi Michael H. in der Leipziger Innenstadt verprügelt. Zwei Wochen später stirbt Karl-Heinz Teichmann an seinen schweren Verletzungen. Er hinterlässt unter anderem eine Tochter.

In der Tatnacht liegt Karl-Heinz Teichmann schlafend auf einer Parkbank am Schwanenteich hinter der Oper. Der 18-jährige Michael H. durchkreuzt den Park. Er befindet sich auf dem Rückweg von einem Neonaziaufmarsch. Unter dem Motto „Todesstrafe für Kinderschänder“ waren im Leipziger Osten Hunderte Neonazis aufmarschiert. Michael H. erblickt den schlafenden Teichmann und schreit ihn an, dass er „hier nicht schlafen“ solle. Dann versetzt er ihm einen Faustschlag und springt ihm ins Gesicht. Bei einem Tritt fällt Teichmann auf eine Bank und zieht sich eine Halswirbelfraktur zu. Michael H. verlässt den Ort des Geschehens, um eine halbe Stunde später zurückzukehren und abermals auf Karl-Heinz Teichmann einzuprügeln.

Eine schwangere Passantin wird Zeugin der Tat und informiert umgehend die Beamt:innen im nahe gelegenen Polizeirevier. Auf ihre an der Gegensprechanlage geäußerte Meldung gibt es erstmal keine Reaktion. Sie wird nicht hereingebeten und muss auch ihre Personalien nicht angeben. Erst anderthalb Stunden später sucht die Polizei Karl-Heinz Teichmann am nur 200 Meter entfernten Tatort auf.

Im Krankenhaus werden massive Kopfverletzungen, Prellungen am ganzen Körper, Brüche im Gesicht, eine Halswirbelfraktur und Hirnblutungen festgestellt. Mit mindestens sieben Tritten gegen den Oberkörper und etwa zwanzig Schlägen malträtierte Michael H. sein Opfer, so ein medizinisches Gutachten. Auch der Gerichtsmediziner stellt vor Gericht das grobe Versäumnis der Beamt:innen fest: Durch ein schnelleres Eingreifen der Polizei hätte der Tod von Teichmann, der sich durch den Regen eine tödliche Lungenentzündung zuzog, verhindert werden können. Im Nachgang hatte das für die Beamt:innen disziplinäre Konsequenzen. 

Vor dem Landgericht Leipzig erklärt der Staatsanwalt, Karl-Heinz Teichmann habe nichts getan, „außer nachts im Park zu schlafen“. Sein Mörder habe ihn „zum bloßen Objekt degradiert“. Der Vorsitzende Richter Norbert Göbel hält es jedoch nicht für nötig, dem sozialdarwinistischen Tatmotiv nachzugehen, obwohl selbst der Verteidiger des Täters von einem rechten Motiv seines Mandanten ausgeht. Laut Aussage der Tochter, habe sich der Angeklagte vor Gericht respektlos und uneinsichtig gezeigt. So erklärt Michael H. vor Gericht Teichmann „war doch eh nur ein Obdachloser“. Am 27. März 2009 verurteilt das Leipziger Landgericht Michael H. wegen „heimtückischen Mordes“ zu einer Jugendhaftstrafe von acht Jahren und drei Monaten. Die Polizei stuft den Mord nur als „normale Straftat unter Alkoholeinfluss“ ein.

Karl-Heinz Teichmann wird nicht als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.

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