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Gerhard Helmut B.

Gerhard Helmut B. wird nur 19 Jahre alt. Am 17. Dezember 1995 wird er in Leipzig-Großzschocher in einem Abrisshaus von den drei Jugendlichen Marcus D., Rainer S. und Mike B. brutal getötet. Dabei war die Ablehnung von Gerhard Helmut B.s Homosexualität eines der Tatmotive. 

Der Täter Marcus D. und das spätere Opfer Gerhard Helmut B. lernen sich in einem Jugendwohnprojekt in Hessen kennen. Marcus D. zwingt Gerhard Helmut B. unter anderem dazu, ihn nach Leipzig zu begleiten und ihn bei Straftaten zu unterstützen. Immer wieder sei es zu Misshandlungen durch Marcus D. gekommen.

Am Tatabend wird Gerhard Helmut B. aus unterschiedlichen Motiven mit Schlägen und Tritten misshandelt, wie das Gericht nach Einlassung der Täter später in der Urteilsverkündung feststellte. Marcus D. will ihn wegen einer Anzeige wegen sexueller Nötigung bestrafen, darüber hinaus soll er auch seine Freundin „angemacht“ haben. Rainer S. beteiligt sich, da Gerhard Helmut B. seinen Bruder lieben würde. Mike B. schlägt zu, da er Blut des Opfers auf die Hose bekommen habe. Eine Zeugin gab später vor Gericht an, einer der Täter habe sich wörtlich ihr gegenüber geäußert: „Der war doch nur ein Jude.“ Auf eine Landtagsanfrage erklärt das Sächsische Innenministerium 2014: „Ob und in wie weit diese Einstellung des Angeklagten durch die Strafkammer strafverschärfend gewürdigt wurde, kann den Urteilsfeststellungen nicht hinreichend entnommen werden.“

Marcus D. „sprang mit Wucht auf dessen Brustkorb und mit einem Fuß auf den Kehlkopf“, so die Staatsanwaltschaft. Die Angriffe hätten bewusst das Ziel gehabt, Gerhard Helmut B. zu töten. Der tote Gerhard Helmut B. wird erst vier Monate später, am 3. April 1996, entdeckt. Mehr als anderthalb Jahre später beginnt vor dem Landgericht Leipzig der Prozess gegen die drei Täter. Die „Leipziger Volkszeitung“ berichtet damals, dass die Staatsanwaltschaft den Tätern einen Mord an einem Homosexuellen vorwirft. Die Angeklagten werden jedoch nur zu Jugendhaftstrafen zwischen dreieinhalb und acht Jahren für Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt.

Gerhard Helmut B. wird nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.

Verdachtsfall

Im Zuge der Erstellung der ersten Ausstellung 2014 zu rechten und rassistischen Morden in Leipzig sind wir auf zwei Todesfälle aufmerksam geworden, bei denen die Indizien eine rechte Tatmotivation zwar nahelegten, die Belege für eine Einordnung als politisches Tötungsdelikt jedoch als nicht ausreichend bewertet wurden. Entweder fehlten Informationen über den genauen Tatablauf oder die Täter:innen konnten nicht ermittelt werden. Im Fall des Gerhard Helmut B. konnten nach der Veröffentlichung der Ausstellung weitere Informationen gesammelt werden, die die Einordnung als politisches Tötungsdelikt nahelegen, weswegen wir uns dazu entschieden haben, den Fall nicht mehr als Verdachtsfall zu führen und ihm eine eigene Tafel zu widmen.

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